Autoströme können hypnotisierend wirken. Letzten September errichtete der holländische Künstler Peter Stel eine Tribüne längs der E35 bei Arnhem,gerade gegenüber der deutschen Grenze, und machte aus der Autobahn ein temporäres Theater, mit den gelben Natriumlampen als Spotlights und den vorbeidonnerenden Autos als Darsteller.
Aber der wahre Liebhaber von Autobahnen muß in Berlin sein. An der Avus, der Autobahn, die in die Stadt führt, steht seit fast siebzig jahren eine ständige Tribüne. Keine Reihe gelber Schalensessel wie an der E35, sondern ein zweihundert Meter langes Bauwerk mit schmalen Bänken aus Holz und einer stolz auskragenden Überdachung. Eine Tribüne, die einer alten Trabrennbahn nicht schlecht stehen würde.
Man muß zwar über einen hohen Zaun klettern, um sie zu erreichen, dann allerdings hat man einen ausgezeichneten Blick auf eine dreispurige Autobahn mit lebhaftem Verkehr. Außerdem ist es eine historische Stelle: 1921 war die Avus die erste ‘Nur-Kraftwagenstraße’ der Welt. Weil diese Bezeichnung im Gebrauch ein wenig umständlich war, wurde acht Jahre später der Terminus Autobahn geprägt und noch weitere fünf Jahre dauerte es, bevor die Nazis ihren Anfangswiderstand gegen Autobahnen überwunden hatten und den Ausbau des Autobahnnetzes drastisch in die Hand nahmen.