Zwei Jagdflugzeuge, ein Ehrenspalier aus 26 Soldaten und einem Offizier, ein Musikkorps mit Spielmannszug, Truppenfahnen und drei Kompanien zu je 94 Mann in den Uniformen aller drei Teilstreitkräfte: Deutschland empfängt Königin Beatrix am Dienstag in Berlin mit höchsten Ehren.
In Erinnerung geblieben ist natürlich die Visite der niederländischen Monarchin im Jahre 1991, als Hape Kerkeling kurz vor dem Eintreffen der echten Beatrix mit seiner Parodie vor Schloss Bellevue ganz Deutschland zum Lachen brachte. Doch jetzt ist es ein richtiger Staatsbesuch über vier Tage, der in Berlin anfängt und in Dresden endet.
Die nach der NS-Zeit jahrzehntelang belasteten Beziehungen zwischen beiden Nachbarländern haben sich längst normalisiert. Auf den ersten Blick wirkt das Programm des Staatsbesuches von Beatrix denn auch klassisch: Kranzniederlegung für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft, Besuch beim ‘Mitmachzirkus’ zur Förderung der Integration im Berliner Bezirk Neukölln und ein Konzert des ‘Koninklijk Concertgebouworkest’, des Amsterdamer Sinfonieorchesters. Für etwas Aufsehen sorgte lediglich, dass der inzwischen 107-Jährige Johannes Heesters vom Auswärtigen Amt wieder vom Staatsbankett ausgeladen wurde – die Niederlande haben ihm seine Karriere in Nazi-Deutschland noch immer nicht verziehen.
Jetzt geht es aber vor allem um die wirtschaftlichen Kontakte zwischen den Nachbarländern. Das Interesse der Niederlande daran ist groß: Von jedem durch den Export erwirtschafteten Euro kommen 19 Cent aus Deutschland. Damit ist die Bundesrespublik der bei weitem größte niederländische Handelspartner in der Welt. Umgekehrt sind die Interessen geringer, aber immerhin sind die Niederlande mit 63 Milliarden Euro der dritte Exportpartner Deutschlands, nur knapp hinter den USA.
Dementsprechend steht auch der Handel bei der Visite der niederländischen Delegation im Mittelpunkt. So trifft der niederländische Wirtschaftsminister Maxime Verhagen am Dienstag mit seinem deutschen Kollegen Brüderle CEOs von Philips, Shell und dem Chemie-Riesen Akzo-Nobel zusammen. Einen Tag später eröffnet Verhagen das Seminar der Deutsch-Niederländischen Handelskammer, das sich mit dem Export niederländischer Dienstleistungen beschäftigen wird.
Trotz erfolgreicher niederländischen Firmen wie ING DiBa, der größten Direktbank Deutschlands mit sieben Millionen Kunden, und der Firma Stage Entertainment, die mit ihren Musicals in Deutschland täglich 45.000 Besucher anlockt, ist der niederländische Export von Dienstleistungen mit 13 Prozent noch gering. Und da sehen die Nachbarn Chancen.
Nur wenige Länder würden wohl darauf verzichten einen Staatsbesuch auch für den Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen zu nutzen – und die Niederlande sind da keine Ausnahme. Als Beatrix in März dem Sultan von Oman einen Staatsbesuch abstatten wollte, gab es in den Niederlanden aber eine heftige Debatte: Darf die Königin angesichts der Revolutionen in Tunesien, Ägypten oder Libyen einen wenn auch aufgeklärten arabischen Diktator mit einem Besuch beehren?
Der Grund der Reise wurde bald klar: Der Hafenbetrieb Rotterdam ist gerade dabei, in Oman einen dritten Joint Venture zu vereinbaren, und das Schiffsbau-Unternehmen Damen aus Dordrecht bewirbt sich zurzeit um den Verkauf von vier Marineschiffen. Wegen der Proteste wurde der Staatsbesuch abgesagt. Beatrix reiste als Privatperson in den Oman, weshalb sie dort auch keinen Hut trug.
In Deutschland wird die Königin sicherlich ihre schönsten Kopfbedeckungen präsentieren. Weil eine Handelsreisende sich keine Witze erlauben kann, ist die Chance, dass es wie in der Kerkeling-Parodie ein blaues Pagenhütchen sein wird, jedoch gering.